Mychajlo Horyn

Horyn, Mychajlo Mykolajowytsch (17. Juni 1930, Kniselo, Bezirk Schydatsciw, Gebiet Lwiw – 13 Januar 2013, Lwiw).

Ein Sechziger, aktiver Mitwirkender beim Samisdat und Teilnehmer der Dissidentenbewegung, ukrainischer politischer Häftling.

Mychajlo Horyn wurde in Galizien, in der Familie des Vorsitzenden einer Dorfabteilung von der Aufklärungsgesellschaft "Proswita" und Teilnehmers des von polnischen und sowjetischen Regierungen verfolgten OUN-Netzes, geboren.

Von Kindheit an erlebte Mychajlo viele Schwierigkeiten: 1944 sollte die Familie Horyn nach Sibirien deportiert werden. Es ist ihnen jedoch gelungen zu fliehen, und einige Zeit lebten sie illegal. 1953 wurde Mychajlo Student der Abteilung für Logik und Psychologie an der Universität Lwiw, wurde aber bald exmatrikuliert, weil er sich weigerte, der Komsomolzenorganisation beizutreten (wieder immatrikuliert wurde er erst dank der Unterstützung des damaligen Rektors, Akademiemitglieds Jewhen Lazarenko). Mychajlo Horyn unterhielt Beziehungen zu ukrainischem Untergrund, verfasste und verbreitete Flugblätter mit Aufrufen gegen die Sowjetmacht. Er absolvierte die Universität, arbeitete zehn Jahre lang im Schulwesen (zuerst als Lehrer, dann als Schuldirektor, Fachberater und Schulinspektor), führte wissenschaftliche Arbeit im experimentellen wissenschaftlich-praktischen Labor für Psychologie, Physiologie und Arbeitshygiene an der Baggerfabrik in Lwiw.

1962 schloss sich Mychajlo Horyn der Sechziger-Bewegung an, war einer der Mitbegründer des Lwiwer Klubs junger Kreativen "Prolisok" (ukrainisch: Primel), verbreitete aktiv Samisdat-Texte. Im August 1965 wurde er wegen "antisowjetischer Agitation und Propaganda" verhaftet und am 18.April 1966 auf einer geschlossenen Sitzung des Lwiwer Gebietsgerichts zu sechs Jahren Lager mit verschärften Haftbedingungen verurteilt. Die Haftstrafe büßte er in den Lagern Mordwiniens ab, aber für Propaganda und Samisdat-Verbreitung unter den Häftlingen wurde er von dort zu noch drei Jahren Haft in ein Gefängnis nach Wladimir geschickt. Nach der Freilassung arbeitete Mychajlo Horyn als Maschinenführer in einem Chemiebetrieb und als Heizer in einigen Heizwerken von Lwiw.

1976 beteiligte er sich an der Erarbeitung grundlegender Dokumente der Ukrainischen Helsinki-Gruppe (UHG). Als die UHG-Gründer verhaftet wurden, brachte er ihr Informationsblatt heraus. Für diese und andere Dissidententätigkeiten wurde Horyn vom KGB verfolgt und erlebte mehrere Hausdurchsuchungen. Nach einer solchen Durchsuchung wurde er Ende 1981 erneut verhaftet. Aus Protest gegen die Verfälschung seiner Akten erklärte Mychajlo Horyn Hungerstreik, wonach er einen Herzanfall hatte. Am 25. Juni 1982 wurde er zu einem besonders gefährlicher Rückfalltäter erklärt und zu zehn Jahren Lager besonders strengen Vollzugs und fünf Jahren Strafbann verurteilt.

Die zweite Haftstrafe fand im Lager ВС-389/36 im Dorf Kurschino, Bezirk Tschusowo, Gebiet Perm, statt, wo Horyn der Ukrainischen Helsinki-Gruppe beitrat.

In dieser Strafkolonie befanden sich viele bekannte ukrainische politische Häftlinge, unter anderem Olexa Tychyj, Walerij Martschenko, Jurij Lytwyn, Wassyl Stus. Mychajlo Horyn engagierte sich auch im Lager. Die Lebensbedingungen im Lager ruinierten seine Gesundheit. Er hatte Nierenentzündung, litt an Hypertonie und Arhytmie. 1984 hatte er den zweiten Herzinfarkt. Am 2. Juni 1986 wurde Horyn aufgrund gesundheitlicher Probleme amnestiert (rehabilitiert erst 1990).

Im Sommer 1987 kam Mychajlo Horyn zurück nach Lwiw, wo er den Herausgebern der machinengeschriebenen Zeitschrift Das ukrainische Nachrichtenblatt (ukrainisch: Ukrajinskyj wisnyk) nahestand. Wegen seines Engagements wurde er verfolgt: In demselben Jahr fand unter anderem eine Herzkampagne gegen Tschornowil und Horyn statt, mit dem Ziel, sie zur Ausreise aus der UdSSR zu zwingen. Ehemalige ukrainische politische Häftlinge wandten sich an die Regierungen aller Länder der Welt mit der Bitte, im Falle ihres Zwangsabschubs aus der UdSSR sie nicht aufzunehmen. 1988 nahm Horyn an der Wiederherstellung der Ukrainischen Helsinki-Gruppe teil und wurde Mitglied ihres Exekutivkomitees. Im Zusammenhang damit bekam er eine Vorwarnung des KGB wegen "antisowjetischer Tätigkeit". Ab 1988 leitete er die Arbeitsgruppe zum Schutz der Ukrainischen politischen Häftlinge, beteiligte sich an vielen Treffen der demokratischen Bewegungen der damaligen UdSSR. Im nächsten Jahr wurde Horyn zum Sekretariatsvorsitzenden der Volksbewegung der Ukraine (VBU) gewählt, war auch Vorsitzender des politischen Rates der Ukraine und Co-Vorsitzender der VBU.

Von 1990 bis 1994 war Mychajlo Horyn Abgeordneter des Obersten Rats (des Parlaments) der Ukraine, stand der Unterkommission für Beziehungen mit Ukrainern außerhalb der Ukraine vor, initiierte und organisierte viele Veranstaltungen auf nationaler Ebene zur Etablierung der ukrainischen Unabhängigkeit. 1992-1995 stand er an der Spitze der Ukrainischen Republikanischen Partei, dann gründete er die Republikanische Christliche Partei. 2000 wurde Horyn zum Vorsitzendenden des Ukrainischen Weltkoordinationsrates gewählt. Auf diesem Posten setzte er sich für die Anknüpfung der Beziehungen zu Auslandsukrainern und Zusammenarbeit mit ukrainischer Diaspora.

Mychajlo Horyn starb 2013 in Lwiw und wurde auf dem Lytschakiwski-Friedhof bestattet.

 
Mychajlo Horyn

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Warum ist es wichtig, aktuell über Dissidenten zu sprechen

Vorwort des Redaktors der Historische Wahrheit, Vakhtang Kipiani